Franchipani
Franchipani – der facettenreiche Aachener Kultladen
Der Blick auf die sehr breite „Ladenfront“ offenbart direkt das Besondere, denn ein klassisches Schaufenster gibt es bei „Franchipani“ nicht. Die gesamte Front des Ladenlokals wirkt wie der Blick in eine andere Welt. Bunt bemalt ist die Hauswand. Gelb, blau, mit Blüten, Blättern, Figuren. Zwischen den beiden Eingängen stehen Regale mit Doc Martens; Schaufensterpuppen im 50’s- und Gothic-Style gehüllt schmücken das Haus. Vintage-Jeans im Fenster. Neugierig treten wir ein.
Kleidung, Accessoires und Schuhe soweit das Auge reicht, verteilt auf mehrere Räume. Ein Hauch von Patchouli stimmt auf eine Reise durch den Kultladen ein.
„Wir verkaufen Klassiker verschiedenster Trends, sind nahezu konservativ. So ist es in Aachen. Diese Dinge laufen hier“, sagt die Chefin Karin van den Akker. Für uns scheint das Sortiment wild, extrovertiert, extravagant, vielleicht teils sogar skurril. In der Tat sind es aber Klassiker: Band-Shirts aus dem Punk, Petticoats und Petticoatkleider, Gothic-Kleider, Röcke, Hüte. Accessoires und Kleidung aus dem Steampunk, Rockability, Army, British Style, Clubwear, vieles aus den Seventies. Manches neu, anderes Vintage.
Kult seit 1979
Powerfrau Karin van den Akker, bereits 70 Jahre alt, eröffnete 1979 „Franchipani“. Der Name steht für die weiße Blüte „Frangipani“, die im asiatischen Raum wächst. Damals suchte sie mit ihrer Mutter „den“ passenden Namen und blieb bei dieser Idee hängen.
In Aachen studierte sie Englisch und Sport. Karin finanzierte ihr Studium durch Straßenverkauf und Flohmärkte. Die junge Frau faszinierte der Verkauf von Waren, ein Naturtalent. Die Vielfalt der Waren, die Interaktion mit Menschen, die auf der Suche nach etwas Bestimmten sind. Mit und mit baute van den Akker einen eigenen Stand auf, expandierte auf insgesamt vier Straßenverkaufsstände. Bis sie „sesshaft“ wurde: Harscampstraße, der perfekten Standort für sie. In den ersten sieben Jahren führte Karin van den Akker den Laden mit ihrer Mutter. „Für mich die schönste Zeit meines Lebens“, erinnert sie sich.
Anfänglich führte „Franchipani“ ein kleines Sortiment aus der „Indienklamottenzeit“, so umschreibt sie den damaligen Trend. Die Kunden standen Schlange, rissen ihr die Klamotten aus der Hand. Sie erkannte rechtzeitig, als der Trend abflaute, orientiert sich um. Sie bereiste etliche Märkte, durchstöberte Amsterdam, Kopenhagen, Paris, Brüssel und London. Erneut half ihr das Gespür für das Besondere; neue Trends fanden so den Weg nach Aachen. In den 80er-Jahren ließ sie die legendären Streifenhosen in über 15 Farben in England nähen. Auch heute gibt es die Streifenhosen noch – oder wieder – bei „Franchipani“. Die Kult-Beinkleider sind wieder gefragt, weiß Karin van den Akker.
Sortiment aus England
Die Aachenerin liebt die Suche nach Trends, wie auf dem Camden Market in London, nach wie vor. Aus England bezieht sie einen Großteil ihres Mode-Sortiments. Auch wenn dies durch den Brexit extrem teuer geworden ist. Die Händlerin schätzt die spezielle Ware der Händler, mit denen sie seit Jahren vertrauensvoll zusammenarbeitet. „Franchipanis“ Kundschaft goutiert die unverkennbare Auswahl genauso wie die Top-Qualität der Kleidung, Schuhe und Accessoires. Van den Akker erlebt immer wieder, dass Kunden-Familien in zweiter oder inzwischen sogar dritter Generation einkaufen. „Darauf bin ich wirklich stolz“, sagt sie. Genauso beeindruckend ist ihr Team, das sehr engagiert, kundenorientiert und kreativ mit ihr wirkt. Esther Huckebrink z.B. rockt mir ihr den Laden seit 22 Jahren. Im Hintergrund – und dadurch immens wichtig – kümmert Willi Lennartz sich um Netzwerk, Social Media, den Online-Shop. Das bringt die Zeitreise einfach mit sich.
Sie bedient Trends abseits des Mainstreams. Henna, bunte Haarfarben der Marke „Directions“, Doc Martens in jeglicher Variante, Schlagjeans (vintage und neu), Samtballerinas, Pumphosen, Patchouli, Räucherstäbchen. Es existieren etliche „Dauerbrenner“ neben unkonventionellen neuen Angeboten.
Stöbern, sich einlassen auf die unermessliche Vielfalt: Korsagen, Jeans für wirklich jeden Geschmack. Und die kommende Jeans-Mode? „Es fängt schon wieder an zu rutschen“, weist Karin van den Akker auf den kommenden Trend der Hüfthosen hin. Sie plant nun mit weiteren Vintage-Jeans. Wir lassen uns überraschen. Vintage brennt seit 4-5 Jahren bei „Franchipani“ und hat eine ganz neue Zielgruppe neugierig gemacht.
Kleines Paradies in Aachen
„Immer hören, was die Leute sagen, wie sie ticken“, erklärt sie. Aufmerksam bleiben. Querbeet, bunt gemixt, mal schrill, mal laut oder leise. So tickt auch ihre Kundschaft. „Da steht der Gabber neben dem Punk, das ist unglaublich. Und alle vertragen sich“, freut sich die Geschäftsfrau.
„Franchipani“ ist wie eine kleine Insel, ein kleines Paradies in Aachen. Der Laden ist eine Reise wert. Ein Tourist entdeckte zum Beispiel im vergangenen Sommer genau das Hawaii-Hemd, das er beim ersten Rendezvous mit seiner späteren Frau trug. Glücksgefühle – für den Kunden und das Team.
Fotos: Einkaufen in Aachen/Marie-Luise Manthei
Franchipani
Harscampstraße 4-8
52062 Aachen
Telefon: +49-(0)241-20017
ÖFFNUNGSZEITEN:
Mo-Sa 10-19 Uhr
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